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“Mindful Motherhood”: von Achtsamkeit und Vertrauen

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Als neue Mama höre ich keinen Satz so oft von anderen Eltern, wie “genieße jeden Moment, sie werden so schnell groß”. Das kann ich verstehen, denn nach dem Wochenbett werden wir schnell eingesogen in den Strudel des Alltags, Augenblicke verschwimmen und dann rauscht das Leben ziemlich schnell an uns vorbei. Aber was können wir tun, um nicht auszubrennen und uns in der Hektik der Elternschaft zu verlieren? Im Füttern, Wickeln, Bespielen, den Job oder den Arztbesuch organisieren?  Dabei müssen wir parallel viele neue Themen integrieren: den eigenen Zugang zur Mutter- oder Vaterrolle finden, sich damit arrangieren, dass persönliche Zeit und Raum erst einmal begrenzt sind, Schlafmangel, Vereinbarkeit von Erwerbs- und Care Arbeit, die Familie um eine Person erweitern, den Umgang mit (Schwieger-) Eltern, Zweifel und Vergleiche mit anderen - scheinbar perfekten - Familien. Bei einer pränatalen Yoga-Klasse hörte ich erstmals den Begriff “Mindful Motherhood”. 

“Mindful Motherhood” steht für die bewusste Auseinandersetzung und den Umgang mit dem Mutterwerden und Muttersein. Das klingt nach einem hilfreichen Ansatz und ist natürlich auch Vätern zugänglich.  Wenn ich den Begriff “Mindful Motherhood” google, tauchen Bücher mit Tools wie Meditationen, Atemübungen, Journaling, Yoga oder spazieren gehen auf. Diese Techniken sind natürlich hilfreich, um in die “Mindfulness” - also die “Achtsamkeit” zu kommen und tun vielen von uns unheimlich gut. Aber helfen sie uns alleine, langfristig und nachhaltig in unserer Kraft zu bleiben? Und was passiert, wenn wir es einfach nicht schaffen, diese Techniken regelmäßig in unseren Alltag zu integrieren? Es ist ja oft genau der Teufelskreis aus: eine anstrengende Phase, Stress, wir verlassen unsere Selfcare-Routinen, kommen nicht mehr zu Ruhe, sind noch gestresster, wütend auf uns, weil wir keine Selbstfürsorge “leisten” können,... ich glaube, wir alle kennen diese Situation. 

Worum geht es also? Was liegt in der Achtsamkeit für uns?  “Achtsam” zu sein bedeutet in erster Linie aufzupassen. Auf sich - oder jemanden - Acht zu geben. Hinzusehen und zu -hören. Wahrzunehmen. Auf uns Mütter und Väter wird gerade beim Thema “Acht geben” viel gesellschaftlicher Druck ausgeübt: Passe ich auch gut auf mein Kind auf? Ist es wirklich sicher? Ist es “richtig”? Mache ich alles “gut”? Was uns selten bewusst ist: Sich ständig zu hinterfragen, sich zu vergleichen und alles perfekt machen zu wollen, das kostet viel Energie und Kraft. Wenn wir uns als Eltern nicht selbst vertrauen, laufen diese Prozesse im Hintergrund ständig mit, wie offene Tabs in einem Browser, die Speicher ziehen und den Computer langsam machen und heiß laufen lassen.  Das zu verändern, dabei helfen Techniken wie Meditation oder Yoga nicht allein. 

Bei Achtsamkeit geht es vor allem um eines: erst einmal zu SEIN. Im Status Quo. Nicht in Aktion. Nicht im gestern, oder im Morgen. Im Moment. Nicht bei unseren Kindern oder unserem Partner, sondern ganz bei uns. Uns unserer Gefühle gegenüber einer Situation bewusst zu werden dauert manchmal nur einen Atemzug lang. Der Check-in mit uns selbst ermöglicht uns zu spüren, wie es uns geht, womit wir uns gut oder fühlen und wo Unbehagen aufkommt. 

Dazu gehört aber noch ein weiterer wichtiger Aspekt: wir dürfen unserer Wahrnehmung vertrauen. Wir dürfen uns selbst vertrauen. Unsere Gefühle sind unsere Realität und wollen gehört und geachtet werden. Viel zu oft wischen wir sie mit Sätzen wie “So schlimm ist es schon nicht”, “Du bildest Dir das nur ein” oder “Ich habe aber gelesen, dass…” zur Seite. Dabei verraten wir uns jedes Mal selbst.   

Achtsamkeit holt uns aus diesem Gedankenkarussell und ermöglicht, Situationen zu reflektieren und unsere eigene Emotionen wahrzunehmen. Selbstvertrauen hilft uns dann, diese Gefühle anzunehmen und vielleicht zu handeln, z.B. Pausen einzulegen, Hilfe anzunehmen, sich gegen den gut gemeinten Ratschlag zu entscheiden,  durchzuatmen und uns selbst auch dann noch zu schätzen, wenn gerade etwas alles andere als “perfekt” gelaufen ist. Beides unterstützt uns darin, liebevoll mit uns umzugehen, im Einklang mit unseren inneren Stimme zu sein und dadurch Kraft zu schöpfen. So tun sich wieder Ressourcen auf, die uns Präsenz und Ruhe schenken.

Vielleicht bedeutet Mindful Motherhood ja genau das: In der Annahme zu leben, dass wir genug sind, so wie wir sind und wir mit den zwei Superkräften Achtsamkeit und Vertrauen alle Herausforderungen des Elternseins meistern werden.

Vertraut euch - ihr macht das toll!  

Foto von Babybox Autorin Annika Brix

Geschrieben von

Annika Brix

Annika Brix begleitet Familien als Doula und und ist Co-Founderin einer Kommunikationsagentur mit dem Fokus auf Female Empowerment, Diversity und Nachhaltigkeit. Die bald zweifache Mutter schreibt und reflektiert über Mutter- und Elternschaft, unter anderem auf ihrem Instagram-Account @REFLECTINGMOTHERHOOD. Neben dem digitalen Austausch bringt sie Mütter in Supper Clubs und Mother Circles zusammen. Annikas Mission ist es, Familien - und vor allem Mütter - in ihren Erfahrungen zu begleiten und in ihrem Selbstverständnis zu bestärken.