Mein Sohn ist neun Monate alt und genau so lange bin ich Papa! Manchmal kann ich es noch immer nicht glauben. Das Gefühl Papa zu sein musste erst einmal ankommen. Definitiv war das nicht von Anfang da. Natürlich habe ich sofort alles getan, was frisch gebackene Papas eben so tun: Windeln wechseln, Babybauchmassage, kuscheln, beruhigen, füttern. Aber zwischen dem was ich tat, und dem was ich fühlte, war eine unsichtbare Wand. Ich erinnere mich noch gut an eine kleine Auseinandersetzung mit meiner Frau. Sie fragte mich sehr direkt, ob ich nicht so ein „Babytyp“ sei. Sie sagte mir, sie habe während eines Urlaubs im Juli Unterschiede im Umgang mit unserem Sohn beobachtet. Unser bester Freund war auch dabei, daher war der Vergleich sehr sichtbar. Im Unterschied zu ihm, konnte ich bis dahin nicht so unbeschwert in Rubins Welt eintauchen und mich auf ihn einlassen. Meine Frau spürte offenbar die anfangs erwähnte Wand. Unser Gespräch war zu Beginn meiner Elternzeit, als Rubin schon fünf Monate alt. Das war der Moment, an dem mir die Diskrepanz bewusst wurde. Ich war verletzt und zugleich überrascht. Irgendwie war ich mir sicher, ich mache das ganz gut. Und das stimmte ja auch. Sein Bedürfnisse wusste ich zu stillen. Aber Papa zu sein, bedeutet eben mehr als das Kind zu versorgen. Heute weiß ich was meine Frau damals meinte. Ich war in den ersten Monaten zu distanziert und zu pragmatisch. Mir fehlte schlicht die Fähigkeit mich auf seine kindliche Ebene zu begeben.
Warum fiel mir das am Anfang schwerer als beispielsweiser meiner Frau? Anders als sie, habe ich meinen Sohn erst mit der Geburt kennengelernt. Die Schwangerschaft, das Baby im Bauch, die bevorstehende Elternschaft - all das war für mich bis zur Geburt sehr abstrakt. Das hat sich schlagartig verändert, als er auf der Welt war. Vieles wurde sofort konkret und trotzdem blieb manches unklar. Es hat gedauert eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Ein bisschen liegt das auch an meinem Charakter. Ich bin generell niemand, der sich schnell neu anfreundet. Das dauert bei mir. Und so ein bisschen war das auch mit meinem Sohn. Ich habe einfach Zeit gebraucht, um ihn und seine Eigenheiten zu verstehen. Wir sind über die Kennenlernphase hinaus und die unsichtbare Wand ist verschwunden. Ich kann nicht nur seine unterschiedliche Laute deuten, weiß hinter welchem Weinen welches Bedürfnis steckt und kann ihn zuverlässig beruhigen. Sondern ich bin mir auch darüber im Klaren, dass ich sein Vorbild bin und ihm alles Vorleben muss. Ich muss mich jeden Tag in ihn hineinversetzen und die Welt aus seinen Augen sehen, um zu verstehen was er braucht.
Das ist ein Prozess, den ich in den letzten Monaten erst langsam lernen musste und glücklicherweise auch konnte. Dank meiner Elternzeit. Papa zu sein bedeutet für mich daher auch an mir selbst zu arbeiten. Jeden Tag aufs Neue. Nach den ersten Monaten zu Hause weiß ich: Vollzeit-Papa zu sein hat mir extrem viel weitergeholfen. Ich bin selbstsicherer geworden, kenne den Alltag von morgens bis abends und bin voll in die Babywelt eingetaucht. Das wäre neben dem Job so gar nicht möglich gewesen. Ich bin sehr froh über die Chance mich zu einhundert Prozent darauf zu fokussieren in diese Rolle hineinzuwachsen. Deshalb kann ich allen Vätern raten so viel Elternzeit wie möglich zu nehmen. Diese Zeit gehört euch, nehmt sie euch. Es gibt keine bessere Gelegenheit, um zu verstehen was es bedeutet Papa zu sein.