Eltern werden ist wunderschön. Und eine große Umstellung. Besonders im ersten Jahr sind unsere Kinder voll auf uns angewiesen und wir dürfen in die Rolle der Eltern von einem oder zwei, drei oder mehr Kinder wachsen. Dafür können wir uns Zeit nehmen.
Im Angestelltenverhältnis sind die Gegebenheiten um Mutterschutz, Elternzeit und Rückkehr in den Job meist schnell geregelt und die Möglichkeiten anderen Angestellten durch Kolleg*innen bekannt.
Wer aber selbstständig ist, hat schnell das Gefühl, schnellstmöglich wieder zurück an den Schreibtisch/den Arbeitsplatz zurück zu müssen.
Dabei können Selbstständige ebenfalls Mutterschutz und Elternzeit beantragen, muss jedoch etwas anders planen und wird - so erging es mir zumindest - mit jeder Menge Unwissen (“Elterngeld bekommst du ja nicht”), Vorurteilen (“das führt in jedem Fall zu Streit mit deiner Geschäftspartnerin”) kritischen Fragen (“warum gründest du dann überhaupt, wenn du sowieso in ein paar Jahren Kinder möchtest?”) und Horrorszenarien (“XY hatte nach 6 Monaten alle Kund*innen verloren”) aus dem Umfeld konfrontiert.
Dabei ist es sehr wohl möglich, finanziell abgesichert UND entspannt als Selbstständige*r Eltern zu werden, ohne, dass dein Business leidet.
Anbei 5 Tipps, die mir besonders geholfen haben und heute noch helfen:
1
sei ehrlich mit dir selbst
Wir starten mit der größten Herausforderung :) - sei ganz ehrlich mit Dir selbst.
Egal, ob lange und akribisch geplant, oder spontane Schwangerschaft: das Wichtigste ist: jetzt ganz ehrlich einchecken:
- Was brauchst du? Wie geht es dir gerade und wer kann dir mit möglichen Ängsten oder Blockaden im Bezug auf die neue Situation helfen? Coaches geben hier häufig gute Hilfestellung, um die neue Situation anzunehmen und Perspektiven zu gestalten.
- Wie stellst du dir das Leben als selbstständiger Elternteil vor? Eine lange Auszeit, Teilzeitarbeit oder die schnelle Rückkehr in Vollzeit? Das ist allein deine Entscheidung und vielleicht auch noch gar nicht abzusehen. Überlege, ob es auch flexible Möglichkeiten für dich gibt.
- Wie ist deine Situation jetzt? Wie wird sie mit einem oder mehr Kindern sein? Musst du ggf. größere Veränderungen in der Zeitplanung / Tagesgestaltung und deinen Leistungen im Unternehmen vornehmen? Wenn ja, wie sieht eine realistische Anpassung aus? Was bedeutet das finanziell? Stelle z.B. Einnahmen und Ausgaben gegenüber, plane realistisch, wie viel Einkommen du monatlich benötigst bzw. erwirtschaften kannst.
2
plane im voraus
Stehst du vielleicht gerade am Anfang der Gründung oder kannst zu einem bestimmten Zeitpunkt absehen, dass das Thema Familienplanung ansteht? Dann plane voraus - vor allem finanziell:
- Frage dich: welches finanzielle Polster benötigst du, um dich sicher zu fühlen und dein Unternehmen abzusichern? Jetzt kannst du Rücklagen für Vertretungen und Ausgleichszahlungen aufbauen, z.B. um deine Altersvorsorge auch dann weiter zu bezahlen, wenn du weniger Einkommen hast.
- Solltest du dir nicht sicher sein, suche dir vertrauenswürdige Finanzberater*innen (auf Honorarbasis) und / oder sprich mit deiner*m Steuerberater*in.
- Prüfe die Voraussetzungen für die Beantragung von Elterngeld bei der Elterngeldstelle.
- Für den Mutterschutz gibt es von der Krankenkasse Mutterschaftsgeld - hier ist ggf. eine Tarifänderung nötig, die sich aber lohnen kann.
3
sei authentisch
Wir alle sind mehr als unser Beruf. Auch, wenn wir uns heute häufig durch unsere Erwerbsarbeit definieren: es ist wichtig, auch zu kommunizieren, wenn diese für eine bestimmte Phase nicht Priorität Nr. 1 ist - wie es häufig bei Selbstständigen der Fall ist. Das offen zu kommunizieren ist wichtig, um gute Kundenbeziehungen und das Vertrauen zu wahren.
- Frühzeitige, klare Kommunikation sowie Verbindlichkeit zahlen sich aus: Du organisierst deine Abwesenheit und zeigst damit erneut, wie sehr deine Kund*innen auf dich zählen können.
- Gib ab! Du musst nicht alles selbst erledigen, aber einen Plan haben, wer ggf. offene Aufgaben übernehmen kann.
- Wie geht es weiter? Eine vorausschauende Planung und eine Information zu deiner geplanten Rückkehr schätzen deine Kund*innen und werden dir die Treue halten.
4
Kreiere und nutze dein Netzwerk
Ein gutes Netzwerk ist in vielerlei Hinsicht gold wert, im Bezug auf Elternschaft aber unbezahlbar:
- Frage in deinem Netzwerk, ob du für bestimmte Zeit Aufgaben und / oder Kunden übergeben kannst oder organisiere eine Mutterschaftsvertretung aus deinem Unternehmen oder extern auf freier Basis. Plane auch hier wenn möglich langfristig. Mit etwas Einarbeitungszeit im Vorfeld fühlen sich alle wohler.
- Solltest du einfach etwas Unterstützung im Tagesgeschäft benötigen, frage in deinem Netzwerk, ob jemand dich auf Zeit supporten kann und lehne ab, was du gerade nicht leisten kannst, z.B. ad hoc-Anfragen.
5
hab vertrauen
Vertraue darauf, dass sich alles finden wird. Du bist gut vorbereitet und gibst dein Bestes. Ansonsten:
- Frage um Hilfe - es fällt uns nicht leicht, aber als Eltern ist es besonders wichtig: Nimm’ Hilfe an und fordere sie aktiv ein. Du wirst dich wundern, wie viele liebe Menschen in deinem Umfeld gerne dein Baby während eines Calls im Kinderwagen um den Block schieben oder es mit Spielen entertainen, während du E-Mails schreibst.
- Buche Unterstützung: neben der Arbeit laufen ja auch noch Dinge wie Haushalt, Kochen, Einkaufen, usw. - buche dir hier gezielt Hilfe. Mütterpflegerinnen oder Doulas übernehmen gerne leichtere Aufgaben im Haushalt oder sorgen für eine warme Mahlzeit. Du kannst in der Zeit entspannen - das Baby nehmen sie dir nämlich auch noch ab!
- Leg den Perfektionismus ab. Wir alle struggeln an manchen Tagen und fühlen uns am nächsten wie Superheld*innen - beides stimmt und ist wahnsinnig toll!
- Versuche, trotz der Herausforderungen im Alltag und dem Spagat zwischen Erwerbs- und Care-Arbeit bewusst und im Moment zu bleiben. Das schafft Kraft und ermöglicht dir, alle Aspekte deines Tages zu genießen. Aber auch, wenn das nicht gelingt, ist das ganz normal und völlig in Ordnung.
Welche Erfahrungen habt ihr in der Selbstständigkeit mit Elternschaft gemacht?
Ergänzt eure Tipps & Erfahrungen gerne in den Kommentaren.